FORRÓ BRASILIANISCHE TANZSTILE


Über Forró
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Vorbemerkungen Das aus Akkordeon, großer Trommel und Triangel bestehende forró-Trio ist in Brasilien nicht nur Synonym für eine regionale Form populärer Musik, es steht auch für eine besondere Kultur, nämlich für die Volkskultur aus dem Nordosten des Landes.
Gleichzeitig ist die Entwicklung dieser Musik eng mit der Urbanisierung des Landes verknüpft und von der starken Fluktuation landflüchtiger Arbeitsemigranten aus dem Nordosten bestimmt, die im südlich liegenden wirtschaftlichen Zentrum von São Paulo und Rio de Janeiro Zuflucht vor Dürre und Arbeitslosigkeit suchen.
Im fremden, urbanen Umfeld ist die innere Verbundenheit dieser Bevölkerung mit der entfernten, heimatlichen Kultur konstantes Thema im forró-Repertoire und bildet die emotionale Grundlage einer populären Musik, die beachtlichen Anteil am allgemeinen, nationalen Musikmarkt hat. Brasiliens Tonträgermarkt dürfte der größte in der so genannten «3.Welt» sein und übertrifft sogar einige Märkte westeuropäischer Länder.

Der Anteil lokaler Musik innerhalb dieses landeseigenen Tonträgermarktes ist mit 66% sehr hoch. Die transnationalen «Major»Firmen (BMG, CBS/Sony, EMI, Warner, Polygram) haben seit langem Geschäftsstellen in Brasilien und produzieren hauptsächlich für den nationalen Markt. Anders als z.B. in vielen afrikanischen Staaten, ist der Raubkopiermarkt, der eine lokale Musikindustrie ruinieren kann, insignifikant, so dass es zusätzlich zu den «Majors» zahlreiche brasilianische Firmen gibt, die meist regionale Künstler vertreten und deren Musik verreiben. Es besteht eine klare Trennung zwischen regionalen und nationalen Musikproduktionen, wobei die nationalen Produktionen im Wesentlichen von den Major-Firmen in São Paulo und Rio de Janeiro übernommen werden.

Die Geschichte der Produktion und des Vertriebs von populärer Musik aus Brasilien zeigt, dass die drei Ebenen (1) der regional begrenzten, (2) der national rezitierten und (3) der international verbreiteten Musik durchaus im Land nebeneinander existieren. Der Weg in eine höher gelegene Ebene ist allerdings immer beschwerlich. Des Akkordeons wegen vergleicht man forró gerne mit cajú und vor allem mit zydeco-Musik aus Louisiana; während womöglich gewisse sozialhistorische Parallelen gegeben sind, scheint mir ein stilistischer Vergleich abwegig.

Weder möchte ich in diesem einführenden Text Vergleiche mit anderen Ländern suchen, noch über die afrikanischen, iberischen oder gar indianischen Herkunftskomponenten von forró spekulieren. Neben der Beschäftigung mit Aspekten der Definition und der Geschichte von forró, sollen einige Namen erwähnt werden, die diese populäre Musikform geprägt haben. Gedanken zum Konzept von «World Music» in Bezug auf forró beschließen die Ausführungen. Forró Wissenschaftliche Studien, die sich mit forró befassen, sind bis heute noch relativ selten.

Die Tatsache, dass forró so manchem Forscher als «hybride» Musikform erscheint, alleine schon aufgrund seiner instrumentalen Zusammensetzung, mag die oftmals auf «authentische» Musikkulturen gerichteten Musikethnologen und Volkskundler lange Zeit davon abgehalten haben, forró-Musik ernst zu nehmen und zu registrieren. Andererseits haben die brasilianischen Untersuchungen, die sich mit der populären Musik des Landes befassen, forró nur dann zum Thema, wenn der Musikstil bereits in den Metropolen (insbesondere São Paulo und Rio de Janeiro) von der Tonträgerindustrie und von den Medien, vor allem dem Rundfunk, seit den 40er Jahren verbreitet wird.

Ähnliches gilt auch für das musikjournalistische Schrifttum außerhalb Brasiliens, das sich der música popular brasileira, kurz «MPB», insgesamt widmet. Im, auf Textinterpretationen der MPB ausgerichteten Werk von Charles A. Perrone (1988) ist dagegen nichts über forró zu finden.
Diesem Autor muss forró zu sehr in dem ihm unbekannten Bereich der traditionellen Musik gelegen haben. In gewisser Weise stimmt Perrone hier jedoch mit einer gängigen Definition der MPB überein, eine Definition, die sich alleine auf die großen Namen der intellektuellen, im zeitgenössischen brasilianischen Kunstschaffen stehenden Komponisten/Texter/Interpreten bezieht.

Diese Konzeption schließt regionale Musikstile weitgehend zugunsten eines universal orientierten Musikschaffens aus, das sowohl von der nationalen wie der internationalen Musikindustrie und von den Medien unterstützt und verbreitet wird. Eine derart enge Eingrenzung versteht den Beginn der MPB erst mit Bossa nova, also Anfang der 60er Jahre. Unter forró begreift man in Brasilien zunächst einen spezifischen Musikstil aus dem Nordosten des Landes.

Neben dieser regionalen Zuordnung verbinden sich mit forró auch Assoziationen, die sich mit einer charakteristischen Form des Paartanzes und einem bestimmten Musikinstrumentarium verbinden: Das Akkordeon (acordeom) oder die Knopfgriff-Handharmonika (sanfona), gelegentlich noch die Konzertina (concertina), sind als solistisches Melodieinstrument, begleitet von zabumba (große Rahmentrommel) und Triangel, kennzeichnend für das typische «Trio de Forró». Im Nordosten selbst, in den Bundesstaaten Alagoas, Sergipe, Pernambuco, Paraíba, Piauí und Ceará ist forró vor allem auch der Anlass, das Fest, also weit mehr als Musik und Tanz allein .

Auf der Suche nach Definitionen für forró stoßen wir in der allgemeinen Literatur immer wieder auf ein besonderes Milieu, selten auf eine musikalisch-stilistische Präzisierung. In den brasilianischen Volkskunde- und Musiklexika, wie der Enciclopédia da Música Brasileira, Cascudo oder Andrade wird forró als Tanz definiert, als arrastapé, baile da ralé (Tanz des Pöbels), baile ordinário (ordinärer Tanz) usw.
Der Terminus selbst ist, diesen Quellen zufolge, eine Reduktion von forrobodó, mit identischer Bedeutung. Impliziert sind hier auch «Vergnügen», «Fest» der einfachen Bevölkerung, selbst «Unordnung» (desordem) und «Durcheinander» (bagunça) finden darin Erwähnung.

Forrobodó taucht als Begriff in der volkskundlichen Literatur bereits seit 1882 auf . Sämtliche von Intellektuellen bis Mitte des 20. Jahrhunderts (und gelegentlich auch später) registrierten Begriffe und Beschreibungen des Phänomens und den sich damit verbindenden musikalischen und sozialen Besonderheiten, drücken deutlich eine arrogante Haltung gegenüber forró aus, als einer «niederen» und «primitiven» Manifestation des Volkes. «For all» International bekannt gewordene Namen der MPB, wie Sivuca, Hermeto Pascoal oder Geraldo Azevedo haben immer wieder eine populäre Version des begrifflichen Ursprungs propagiert, nach der forró angeblich auf das englische «For all» zurückgeht: Als in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts «The Great Western of Brazil Railway & Co. Ltd.» die erste Bahnstrecke im Innern Pernambuco einweihte, wurde ein großes Fest für die Mitarbeiter, deren Angehörige und für die unmittelbar betroffene Bevölkerung gegeben: «For all» stand groß vor dem Eingang des Festplatzes geschrieben.

Von da an sollen die Menschen in Pernambuco ihre Tanzfeste angeblich ebenfalls als forró (die lokale Aussprache von «for all») bezeichnet haben. Als sie gegen Ende der 40er Jahre begann, in der Stadt gespielt zu werden, stand die forró-Musik vorrangig für einen besonderen Stil oder Rhythmus, den baião. Baião und xote (von «Schottisch») sind weiterhin die wichtigsten der insgesamt fünf geblieben. Während xote in der Mitte des 20. Jahrhunderts jedoch bereits in anderen Formen brasilianischer Volksmusik vorkam, so u.a. im Akkordeon-Repedoire des Südens, war baião etwas wirklich Neues.

Mit diesem baião wurde forró-Musik ab den 40er Jahren weit über die Grenzen des brasilianischen Nordostens hinaus bekannt. Verantwortlich dafür war ein Musiker aus Exu, im Bundesstaat Pernambuco, dessen Name fortan unzertrennlich mit der populären Musik Nordost-Brasiliens verbunden blieb: Luiz Gonzaga (1912-1989). Bezeichnend, dass Luiz Gonzaga nicht der «König des forró», sondern immer als «O Rei do Baião» angekündigt wurde. Luiz Gonzaga hat als virtuoser Akkordeonspieler, als Komponist und Interpret einer Vielzahl heute noch beliebter Stücke den baião-Rhythmus in Brasilien popularisiert und den «musikalischen Maßstab» für diesen Tanzrhythmus festgelegt.

Seine musikalische Originalität, gerade gegenüber Samba, Tango und anderen lateinamerikanischen Tänzen, verleitete Optimisten dazu, dem baião den Einstieg in den internationalen, vor allem den US-amerikanischen Musikmarkt vorauszusagen. Die Bossa nova sollte jedoch - ab Beginn der 60er Jahre dem baião und dem ganzen forró-Repertoire als «Exportartikel» zuvorkommen. Gegen Ende der 50er Jahre kam es dennoch zu einer kurzlebigen internationalen Verbreitung des baião.

Im Jahre 1958 brachte der Senator Humberto Teixeira ein Gesetz heraus («Lei Humberto Teixeira»), mit dem sanktioniert wurde, dass jährlich eine Gruppe brasilianischer Instrumentalisten und Sänger in Theatern, Nigth-Clubs und Rundfunkstationen, insbesondere Europas, auftreten sollte. Durch den brasilianischen Staat war also eine direkte Förderung der populären Musik geplant, zwecks ihres gezielten Exports, ungeachtet jedoch einer, durch die Medien durchgeführten Verbreitung dieser Musik. Humberto Teixeira lancierte das Gesetz nicht ganz uneigennützig, denn er war bereits um diese Zeit Autor zahlreicher Song-Texte und Stücke nordestinischer Musik. Sein wichtigster Partner war kein geringerer als Luiz Gonzaga selbst. Die Auslandsreisen wurden mit einem speziellen Etat des Ministeriums für Erziehung und Kultur finanziert.

Die erste dieser offiziellen Tourneen fand 1958 statt. Die Gruppe bezeichnete sich als «Os Brasileiros» und setzte sich aus Musikern wie Sivuca (Akkordeon), Pernambuco (pandeiro und zabumba), Abel (Klarinette), Dimas (Schlagzeug) zusammen. Auch das «Trio Irakitan» war daran beteiligt. Humberto Teixeira begleitete die Gruppe auf ihrer Reise durch Europa. Auftritte gab es in Lissabon, London (im «Palladium») und in Paris (im «Olympia»). Geboten wurde regionale Popularmusik aus dem Nordosten, d.h. viel baião sowie einige Samba-Einlagen, ein damals bereits bekanntes musikalisches Erkennungsmerkmal für Brasilien.
Die zweite offizielle Reise einer brasilianischen Musikdelegation nach Europa, im Jahre 1959, fand unter Begleitung des damaligen Ministers für Erziehung und Kultur, Clóvis Salgado, statt. Der Minister war von der Reise und von ihrem Erfolg begeistert. Insbesondere beeindruckte ihn der Enthusiasmus, mit dem das europäische Publikum die Musik aus den preisgekrönten Filmen O Cangaceiro (1953) und Orfeu Negro aufnahm. Letzterer war im selben Jahr beim Festival von Cannes ausgezeichnet worden.

Diese nationale Euphorie seitens der brasilianischen Obrigkeiten, was die Förderung der regionalen Popularmusik aus dem Nordosten betraf, fand sehr bald ein Ende. Schuld daran war das mangelnde Bewusstsein für die Macht der Industrie und für die Aussichtslosigkeit, an ihr vorbei populäre Kultur international durchsetzen zu wollen. Die Geschichte der populären Musik Nordost-Brasiliens sollte dafür den besten Beweis selbst erbringen: drei Jahrzehnte später erlebte eine kommerzielle Form, nämlich lambada, eine kurze Blitzkarriere in Europa.

Diesmal stand der Staat nicht mehr dahinter. Stadt und Land Mit pé de Serra, zu Deutsch «Gebirgsfuß», kennzeichnet man in Pernambuco alles, was aus dem Hinterland stammt, was noch rauh und ungeglättet in die Stadt kommt. In Verbindung mit forró hört man diesen Begriff besonders häufig und als Gegenpart dazu spricht man vom forró urbano. Live trifft man forró-Musik heute in unterschiedlichsten Umfeldern an: um die Johanni-Zeit, bei Wahlkampagnen und bei festlichen Anlässen im gesamten Nordosten. Tatsächlich ist es die Zeit um die Heiligentage von Santo Antonio, São João (Johanni) und São Pedro, in der forrozeiros (forró-Musiker) besonders häufig auftreten.

In den Kleinstädten werden sie von den Lokalpolitikern oder vom Bürgermeisteramt engagiert. Um Johanni verwandelt sich an Wochenenden so mancher Platz im Zentrum einer Kleinstadt im Nordosten in einen großen forró. Der zabumba-Spieler Quartinha aus Recife dazu: «''Pingadinho'' é quando se faz um Show de vez em quando. Santo Antonio, São João e São Pedro, época em que mais se toca forró. As prefeituras encomendam os forrozeiros, que atuam em praça pública e todos os fins-desemana. Até os músicos xaxam tocando os seus instrumentos, animando o povo a dançar.

No carnaval não se toca forró.» «''Tröpfelnchen'' sagt man, wenn nur ab und zu ein Auftritt erfolgt. Santo Antonio, São João und São Pedro ist die Zeit in der am meisten forró gespielt wird. Die Stadtverwaltungen bestellen forró-Musiker (forrozeiros), die auf öffentlichen Plätzen und an allen Wochenenden spielen. Selbst die Musiker tanzen dann gleichzeitig zu ihrem Spiel und animieren so das Volk, mitzutanzen.
Am Karneval spielt man keinen forró» (Pers. Mitteilung, Februar 1992) Nicht nur auf dem Land oder im Nordosten trifft man live dargebotenen und getanzten forró: auch in den Tanzhäusern der nordestinos (Menschen aus dem Nordosten) in Rio de Janeiro, in São Paulo oder Brasília ist forró mittlerweile zu Hause. Zeitgleich mit einer großen Einwanderungswelle aus dem Nordosten entstanden die ersten forrós oder «gafieiras de nordestinos», wie man in Rio de Janeiro zu Tanzhäusern der nordestinos sagte, in der zweiten Hälfte der 50er Jahre im Stadtteil Botafogo.

Das erste Tanzhaus hieß Forró do Xavier, das man zehn Jahre später in Associação Recreativa Cantores do Nordeste umbenannte. Diese Bezeichnung, also «Unterhaltungs-Verein der Sänger aus dem Nordosten», zeigt in welche Richtung sich viele dieser Tanzhäuser entwickelten: sie wurden zu Zentren, in denen Menschen aus dem Nordosten ihre Kultur praktizieren und konsumieren konnten. In São Paulo gründete man 1962 das erste große forró-Haus, das Forró de Pedro Sertaneio, zunächst im Arbeiterviertel Vila Carioca, um es bald in den Stadtteil Brás zu verlegen, ein ursprünglich hauptsächlich von italienischen Einwanderern bewohnter Randbezirk im Norden von São Paulo.

Pedro Sertanejo, der Besitzer dieses Hauses, selbst ein hervorragender Akkordeon-Spieler und forró-Spezialist, kaufte zu Beginn der 60er Jahre außerdem ein Schallplatten-Label für Musik aus dem Nordosten (música nordestina) auf, die «Indústria de Discos Cantagalo». Der große Erfolg des forró de Pedro Sertanejo ließ die Zahl der forró-Häuser bald rapide ansteigen. Bis in die Mitte der 70er Jahre befanden sich alleine in São Paulo über 50 offiziell eingetragene forró-Häuser, meist in jenen Vierteln, wo sich auch ein hoher Prozentsatz an Arbeitern aus dem Nordosten konzentrierte.

Als Ausdruck der Verbundenheit mit ihrer Heimatregion haben die Wanderarbeiter aus dem Nordosten neben den Tanzhäusern sehr bald einen Markt für eine neue Form urbaner Popularmusik geschaffen, die sie an ihre Herkunft erinnerte. Hier stand als Musikform der baião von Luiz Gonzaga an erster Stelle. Als konsequente Reaktion darauf erschienen zeitgleich mit den ersten forró-Tanzhäusern mehrere kleine Plattenfirmen, die Musik mit den Rhythmen wie baião, aber auch xaxado, coco, xote, usw., allesamt aus dem Nordosten, produzierten.

Schallplatten mit forró-Musik sind bereits in diesen ersten Jahrzehnten ihrer Verbreitung in den Großstädten vom Genre her als forró urbano zu verstehen. Bis heute ist das, was die lokalen Schallplattenfirmen, nicht nur in São Paulo oder in Rio de Janeiro, sondern auch in Recife herausbringen, fast immer als «urban» zu bezeichnen. Hinzu kommt, dass Musiker wie Heleno dos Oito Baixos aus Caruaru (Pernambuco), der eine stark an den ländlichen pé de Serra Stil orientierte Musik macht, von den Schallplatten-Produzenten automatisch dem «urbano»-Klangideal angepasst werden.

Die Aufnahmen der Trios de forró sind ausnahmslos mit E-Bass, Schlagzeug, oftmals auch mit Synthesizer im Studio aufgearbeitet. Obwohl in der paulistaner Medienszene, vor allem im Rundfunk von São Paulo, der Musik aus dem Nordosten immer Platz eingeräumt wurde, erlebte forró erst Mitte der 80er Jahre die Gründung eines Senders, dessen Programm sich ausschließlich aus der Popularmusik des Nordostens zusammensetzt: «Rádio Atual» heißt der im Nordteil von São Paulo operierende Sender.
Übertragen werden allerdings zum größten Teil Produktionen aus São Paulo selbst. «Rádio Atual» hat auch ein eigenes Label («Atual Discos»), in dem rezente, urbane forró-Musik produziert wird, d.h. vor allem die Musik der im Süden ansässigen Musiker und Bands. Der Erfolg des Senders war so groß, dass man noch im Jahr der Sendeaufnahme ein Kulturzentrum, das «Centro de Tradições Nordestinas» gründete.

Dieses Zentrum ist beliebter Treffpunkt mit typischen Speisen, Kunsthandwerk und viel forró. Música sertaneja Popularmusik der Arbeitsemigranten in São Paulo, in Rio de Janeiro oder Brasilia, ist nicht alleine forró. Neben unterschiedlichsten Stilen entwickelte sich parallel zu forró und baião vor allem in São Paulo die so genannte música sertaneja. Ursprünglich die Musik aus dem ländlichen Südosten, war diese Musikform durch die paarweise auftretenden Sänger mit eigener Viola-Begleitung gekennzeichnet.

Bis in die jüngste Zeit begegnete die Ober- und Mittelschichtbevölkerung in São Paulo der Musik dieser, auch als duplas caipiras bezeichneten Gruppen mit Geringschätzung: «Upper- and middle-class urban populations (...) find música sertaneja distasteful, and up until recently it received little mainstream media attention. Ein erstaunlicher Boom an technologisch aufwendig produzierter música sertaneja griff in den letzten Jahren alles, was sich mit dem wohlhabenden Inland von São Paulo verband, auf, um es erfolgreich in ein idealisiertes «country» nach US-amerikanischem Vorbild à la «Marlboro Land» zu stilisieren, ein Bild vom Inland, das genau dem entgegensteht, was man mit dem Inland des Nordostens verbindet.

In der música sertaneja ist nicht die Großstadt das anstrebenswerte Ziel für ein Leben in Wohlstand, sondern das Land. Sänger-Duos (duplas) wie «Chitãozinho e Xororó» oder «Leandro e Leonardo» rangieren schon seit mehreren Jahren in den obersten Rängen der brasilianischen Hitparade und verzeichnen den weitaus größten nationalen Plattenumsatz (LPs und CDs). In jüngster Zeit haben die Stars der música sertaneja sogar die «Latino-Szene» in den USA für sich entdeckt und treten in Kalifornien oder Florida regelmäßig mit großem Erfolg auf. Über ganz Brasilien verbreitete sich diese Musik seit Ende der 80er Jahre.

Ihre Nationalisierung erfolgte unterstützt durch Rundfunk und Fernsehen. Selbst arme Wanderarbeiter aus dem Nordosten haben daraufhin ihre musikalischen Vorlieben geändert. In einem rezenten Zeitungsbericht über nordestinos, die fast täglich illegal auf abgedeckten LKWs die ca. 2.000-3.000 km lange Strecke nach São Paulo befördert werden, zitiert eine Journalistin amüsiert aus dem Bericht einiger, kurz vor der Großstadt festgenommener Männer: «Die Hälfte der Gruppe schlief [während der Fahrt auf dem LKW], die andere trank.

Wenn die meisten wach waren, dann sangen sie Musik von Leandro e Leonardo. Noch vor zehn Jahren hätten diese Männer sicherlich den einen oder anderen Song von Luiz Gonzaga zum Besten gegeben... In ihrer stilistischen Entwicklung ist die música sertaneja nicht mit forró zu vergleichen. Während música sertaneja sich von ihren eigentlichen Wurzeln (die música caipira) fast gänzlich gelöst hat, bleibt selbst ein moderner forró im allgemeinen stilistisch, musikalisch, instrumental und sogar inhaltlich als solcher erkennbar und seinen Ursprüngen verpflichtet. Musik und Ensembles Nach einer musikalischen Definition von forró befragt, erläuterte Heleno dos Oito Baixos, sanfona-Spieler aus Caruaru, Pernambuco: